KI in der Medienbranche – Diskussionen und Erkenntnisse vom b°future festival in Bonn
- Bettina Blaß
- vor 21 Stunden
- 3 Min. Lesezeit

Weiße Zelte und Liegestühle auf dem Münsterplatz in Bonn, gute Laune, viele junge Leute, aber auch Ältere, die vorbeikommen und bei manchen Programmpunkten stehenbleiben: So ist es, wenn das b° future festival in der Bundesstadt stattfindet. Am ersten Oktoberwochenende 2025 war es bereits das dritte Mal, dass an drei Tagen Deep Dives, Workshops, Coachings und noch viel mehr an über zehn Orten in Bonn stattfanden. Und zwar ganz bewusst nicht nur für die Medienbranche, sondern auch als öffentliches Bürgerfest für die Stadtgesellschaft. Das vom gemeinnützigen Bonn Institute organisierte Event bezeichnet sich selbst als "Europas erstes Festival für Journalismus und konstruktiven Dialog"
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Als Podiumsteilnehmerin mittendrin – Einblick in KI in der Medienbranche
Nach meinem Einführungsvortrag „KI in der Medienbranche“ im vergangenen Jahr, stand ich 2025 beim DJV-NRW als Diskutantin beim Panel "Feindliche Übernahme oder friedliche Koexistenz? Über das aktuelle Verhältnis von KI und Journalismus" mit auf der Bühne. Damian Zimmermann vom fotoMagazin und Sascha Devinge von Studio47 waren meine Gesprächspartner, moderiert hat Andrea Hansen.
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Für mich war besonders spannend, wie unterschiedlich die Perspektiven sein können: Während bei Studio47 KI-Moderatoren live gehen, geht es in meiner Arbeit bei tisix.io eher um lokaljournalistische Fragen, Texte und Videos und bei Damian dreht sich eben alles darum, welche Probleme im Zusammenhang mit KI-generierten Bildern auftreten. Uns eint jedoch die tägliche Auseinandersetzung mit einer Medienwelt, die sich durch KI rasant wandelt.

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Von "KI für Einsteiger*innen" zu Spezialwissen
Optimistisch stimmt mich dabei, dass viele Redaktionen bereits tief in das Thema eingestiegen sind: Einführungskurse werden bei mir und tisix.io nicht mehr so oft nachgefragt wie spezialisierte Kurse zu den Themen Recherche, Text, SEO oder zu OpenWebUI. Die Branche hat längst akzeptiert, dass KI Teil unseres journalistischen Handwerkszeugs ist. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie wir sie einsetzen.
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Meine Haltung dazu: KI-Tools sollten uns helfen, Routinetätigkeiten zu automatisieren – zum Beispiel das Umschreiben von Vereins-Pressemitteilungen im Lokalen. Nicht, um Journalist*innen zu ersetzen, sondern um Zeit freizuschaufeln für das, was wirklich wichtig ist: vor Ort mit Menschen ins Gespräch kommen und die Themen finden, die echte Relevanz für die Gesellschaft haben. Und dann natürlich auch darüber berichten.
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Im Vergleich zu den Anfängen 2023 sind viele Medienhäuser schon weit: Sie setzen auf eigene Lösungen im Content Management System, das beispielsweise dabei unterstützt, Überschriften oder Teaser zu formulieren oder Pressemitteilungen in Nachrichten umzuwandeln. Das ist zum Beispiel mit tisix text möglich. Außerdem haben immer mehr Häuser KI-Verantwortliche, wie die Deutsche Welle beispielsweise oder die Badischen Neuesten Nachrichten.
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Was mir persönlich noch fehlt: ein mutigerer Umgang mit Mehrsprachigkeit. Ich sehe keine Beispiele aus dem deutschen Lokaljournalismus, wo Medien etwa mit den Neuen deutschen Medienmacher*innen zusammenarbeiten, um mehrsprachige Inhalte mit KI-Unterstützung zu produzieren. Dabei wäre das eine tolle Chance, neue Zielgruppen zu erreichen und demokratische Teilhabe zu stärken.
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Rechtliche Grauzonen: Kennzeichnung und Urheberrecht
Die Diskussionen beim b° future festival haben aber auch klar gezeigt, wie viele offene Fragen es noch gibt. Klar, die EU hat mit dem AI Act Rahmenbedingungen geschaffen. So müssen beispielsweise synthetisch erzeugte Inhalte gekennzeichnet werden. Aber Hand aufs Herz: Wie soll das in der Praxis kontrolliert werden?
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Noch komplizierter wird's beim Urheberrecht: Nach aktuellem Stand sind nur Werke von Menschen geschützt. Wenn ein Text vollständig von einer KI erstellt wird, besteht kein klassischer Urheberrechtsschutz mehr. Gleichzeitig können wir aber ungewollt das Urheberrecht anderer verletzten. Hier gibt es noch viel Klärungsbedarf. In unserem Whitepaper und der begleitenden Websession zum Urheberrecht haben wir gemeinsam mit den Fachanwälten von FREY Rechtsanwälte die wichtigsten Punkte zusammengestellt. Ihr Spezialgebiet ist Urheber- und Medienrecht.
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Mein Fazit zum b° future festival
KI kann uns entlasten, aber noch nicht ersetzen. Technologische Offenheit und journalistische Haltung sind kein Widerspruch, sondern können sich ergänzen. Die Tatsache, dass immer mehr Redaktionen Leitlinien entwickeln, Schulungen anbieten und KI-Redakteur*innen einstellen, macht mir Mut. Die Branche sieht KI nicht nur als Bedrohung, sondern immer häufiger als Werkzeug, das wir aktiv gestalten können.
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